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Der Bochum-Fonds Teil 5 - Tipps für die Förderung von Bürgerprojekten

Gesellschaft

Stadt-Gespräche - Folge 53

In den Stadt-Gesprächen reden wir, vom städtischen Start-up ShiftDigital, mit Mitarbeiter:innen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge berichtet Charlotte Kreckel, die für den Fördertopf für Bürgerprojekte namens Bochum-Fonds zuständig ist, wie dieser bisher ankommt. Außerdem gibt sie Tipps, was man bei der Einreichung einer solchen Fördermaßnahme beachten sollte.

Nina da Costa: Wie waren die bisherigen Resonanzen zum Bochum-Fonds, von Bürgerinnen und Bürgern, aber auch aus der Verwaltung? 


Charlotte Kreckel: Bisher bin ich total positiv überrascht. Es gibt super viele Anträge, auch von Akteur:innen, die ich noch nicht kannte und die vom Bochum-Fonds in unterschiedlichen Kontexten gehört haben. Ich hätte nie gedacht, dass in den ersten paar Monaten so viele Anträge und Anfragen bei mir ankommen, und das auch noch in solchen Zeiten. Und wenn ich bezüglich der Projektideen Rückfragen hatte, wie wir mit diesen weiter vorgehen können, waren die Rückmeldungen aus der Verwaltung auch super. Ich bin begeistert: es läuft sehr gut.

 
Nina: Das ist doch mal ein Satz, den man im Jahr 2021 gerne hört!


Charlotte (lacht): Das stimmt. 


Nina: Welche Herausforderungen siehst du bei der Umsetzung der Projekte?


Charlotte: Das ist eine gute Frage. Das wird bei jedem Projekt unterschiedlich sein, weil die auch so unterschiedlich sind. Es hakt vermutlich bei jedem Projekt mal, wenn etwas nicht stimmig ist oder eine Kostenposition nicht passt. Oder es könnte an der Konzeption des Bochum-Fonds haken, sodass wir nochmal nachsteuern müssen. Zum Beispiel wenn wir merken, dass es Kostenpunkte oder Inhalte gibt, die den Leuten sehr wichtig sind, die wir aber im Moment noch nicht abdecken können. Und der Bochum-Fonds ist nicht in Stein gemeißelt und soll sich auch weiterentwickeln. Grundsätzliche Hindernisse für die Projekte kann ich gar nicht aufzählen. Was passieren kann - und das ist in Vereinen manchmal die Problematik: jemand startet ein Projekt, rutscht dann aber aus der Rolle raus und es findet sich keiner, der das übernimmt. Aber dann ist das eben so. 


Nina: Welche Erkenntnisse aus dem Bochum-Fonds lassen sich auch auf andere Projekte mit Bürger:innen übertragen? 


Charlotte: Es muss niedrigschwellig sein. Wenn der Prozess oder das Antragsformular zu komplex ist, es zu lange dauert, es auszufüllen, man an Feldern festhängt, weil man nicht weiß, was damit gemeint ist - das schreckt die Leute eher ab. Und dann ist der persönliche Austausch total wichtig. Die Leute freuen sich sehr, einfach mal zehn Minuten mit einem zu telefonieren (lacht). 


Nina: Worauf muss man in der Interaktion mit den Bürger:innen achten? 


Charlotte: Im Prinzip geht es darum, nicht zu kompliziert zu denken: was ist die Idee der Bürgerin und wie können wir sie umsetzen? Es ist unsere Aufgabe zu schauen, was möglich ist und was nicht. Dann bin ich immer ein Fan davon, dass sich beide Seite immer ein Aufgabenpaket mitnehmen, das als nächster Schritt erfüllt wird - und dann hört man sich wieder. Man muss auf beiden Seiten merken, dass etwas passiert und es sich weiterentwickelt. Es darf nicht passieren, dass man vier Wochen lang nichts voneinander hört, sondern man muss im regelmäßigen Austausch bleiben. Und auch der Akteur muss gefordert werden, sich einzubringen. Das ist der Unterschied dazu, dass Bürger:innen Ideen für ihre Stadt einreichen dürfen, die dann von der Verwaltung umgesetzt werden. Aber hier geht es ja wirklich um das aktive Um- und Mitgestalten der Stadt. Da muss klar sein: man muss etwas dafür tun. 


Nina: Es geht um die Zusammenarbeit, mit euch und unter den Akteur:innen. 


Charlotte: Genau. Manche Akteur:innen haben viel Erfahrung, reichen einen relativ stimmigen Antrag ein und können schon selbstständiger arbeiten. Da weiß ich auch, dass sie das selbst auf die Beine stellen können. Andere Akteur:innen können das noch nicht, und denen greifen wir unter die Arme und begleiten sie. Ihnen zeigen wir sozusagen den Weg und sagen ihnen zum Beispiel auch, bis wann man sich um welche Dinge kümmern muss. Man kann ja seine Veranstaltung nicht erst eine Woche vorher anmelden. 


Nina: Mit welchen Herausforderungen muss man rechnen, wenn man so etwas Ähnliches wie den Bochum-Fonds machen möchte? 


Charlotte: Man sollte sich informieren, welche Fördermöglichkeiten es schon in der eigenen Stadt und Region gibt. Das ist oft relativ viel; hier im Ruhrgebiet und in Bochum wird viel angeboten. Damit muss man sich beschäftigen, damit der neue Fördertopf reinpasst, sich mit dem vorhandenen Angebot gut ergänzt und man den Nerv dessen trifft, was die Akteur:innen noch brauchen. Es kostet viel Zeit und ist wichtig, diesen Fördertopf bekannt zu machen - auch in den Verwaltungsstrukturen. Und das Projekt muss politisch legitimiert werden. Für den Bochum-Fonds war das durch die Tatsache gegeben, dass es eine Kernaktivitäten der Bochum Strategie ist. Trotzdem musste es beschlossen werden, und sowas kostet viel Zeit. Es ist ja ein großes Projekt, das für ganz Bochum gilt, und da ist es wichtig, dass die Bezirksvertretungen und fachspezifischen Ausschüsse dahinterstehen! Und es gibt einen hohen personellen Aufwand, weil die Akteur:innen natürlich nicht morgens um 8 Uhr vorbeikommen können, sondern erst nach ihrer Arbeit, um 18 Uhr. Und es werden viele Wochenendtermine auf einen zukommen. Wenn man die Akteur:innen bei der Umsetzung ihrer Projekte begleitet, ist es wichtig, dass man beim Abschluss einer Veranstaltung dabei ist. Man braucht Personal, das sowas leisten kann. 



Nina: Mit wem muss man für so ein Förderprojekt ins Gespräch gehen, wen an Bord holen?

 
Charlotte: Wir haben das aus Erfahrungen konzipiert, die wir im Stadtteilwettbewerb sammeln konnten: wir haben uns mit einigen Bezirksverwaltungsstellenleiter:innen und mit Expert:innen und Akteur:innen ausgetauscht, die es hier schon gibt. Es gab Gespräche mit Vereinen dazu, wo der Schuh drückt oder noch etwas fehlt. Das hätten wir noch mehr machen können, dafür fehlte aber einfach die Zeit, weil es so zeitaufwändig ist, diese Gespräche zu führen. Aber das ist bei uns gar nicht so schlimm, weil wir ja immer noch Änderungen vornehmen können. 


Nina: Es sollte also kein in Stein gemeißeltes Förderprogramm sein, sondern man sollte es an die Bedürfnisse anpassen können. 


Charlotte: Ich glaube, dass das der bessere Weg ist, weil man nur mit den praktischen Erfahrungen versteht, was gebraucht wird und wo es hakt. Ich glaube, wir werden in den nächsten zwei Jahren ganz viel lernen und können das alles einfließen lassen. 


Nina: Was rätst du Kommunen oder stadtnahen Einrichtungen, die solche Projekte starten wollen? 


Charlotte (lacht): Macht es auf jeden Fall! Was gibt es Schöneres, als die Akteur:innen vor Ort zu unterstützen? Ich finde, dass das die Gesellschaft ausmacht und auch Auswirkungen auf das Stadt-Image hat: Die Menschen, die hier leben, machen die Stadt aus. 


Nina: Was sind deine drei Tipps für die Planung und Umsetzung? 


Charlotte: Das Konzept sollte niedrigschwellig sein, sodass es schnell und einfach verständlich ist. Dann ist diese persönliche Beratung und Hilfestellung ein ganz wichtiger Punkt. Und man braucht natürlich die politische Legitimation. 


Nina: Zum Abschluss: Was ist dein Appell an Städte und ihr Stadtmarketing? Was ist eine Sache, die dir am Herzen liegt? 


Charlotte: Ich muss sagen, dass ich es klasse finde, das es sowas wie die Bochum Strategie und damit die Möglichkeit gibt, im Rahmen dieser Kernaktivitäten Neues auszuprobieren und neue Prozesse und Ideen anzustoßen. Ich finde, dass das etwas ganz Besonderes ist, was auch sehr gut funktioniert.


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