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Das papierlose Büro

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Stadt-Gespräche — Folge 13

In den Stadt-Gesprächen vom Bochumer Start-up ShiftDigital sprechen wir mit Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge erzählt Thomas Becker, wie das papierlose Büro bei ihnen funktioniert und welche Hürden ihnen bei der Umsetzung begegnen.

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Nina da Costa: Ihr setzt bei euch ja bereits das papierlose Büro um. Gib uns mal bitte einen Prozentsatz, wie viel ihr ungefähr digitalisiert habt.

Thomas Becker: Ich würde mal sagen, etwa 70%. Vieles hat sich vor Kurzem erst geändert. Bedingt durch die Technik habe ich zum Beispiel angefangen, Dokumente über das Tablet zu unterschreiben, weil ich das so direkt in einem PDF tun kann. Vorher war der Weg: Ich bekomme ein Angebot, drucke es aus, unterschreibe es, scanne es ein, schicke das Eingescannte weiter und schmeiße das Papier weg. Das war Digitalisierung in alter Manier. Heute kriege ich das Angebot als PDF, unterschreibe es und schicke es direkt raus.

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Nina: Wie geht ihr mit anderen Ämtern oder Bereichen um, die noch mit Papier arbeiten? Die schicken euch ja wahrscheinlich ausgedruckte Formulare und Ähnliches, oder?

Thomas: Ja, dazu gibt es ein gutes Beispiel: aus einem Bereich wurde eine Verfügung in Papier erstellt und sechsmal innerhalb des eigenen Amtes verschickt. Das heißt, es gab sechs verschiedene Empfänger, die damit informiert wurden. Wir haben es dann zur Kenntnis genommen und in der Ablage “P” abgelegt. Da haben wir irgendwann gesagt: uns reicht eine Mail, wir möchten das nicht mehr in Papierform haben. Es gibt auch Sachen im Bereich Rückstellungs-Management, für die wir immer noch Aktenordner haben. Das muss zum Beispiel auf dem Unterschriftenweg an die Amtsleitung. Aber wir hoffen, dass solche Dinge im Rahmen der Einführung der E-Akte digitalisiert werden können, sodass ein digitaler Workflow erfolgen kann.

“Da habe ich schon nach einem halben Jahr gesagt: Das mache ich nicht mehr.”

Nina: Das heißt, ihr seid eigentlich nur deshalb bei 70%, weil es Dinge gibt, die ihr in Papierform an andere verschicken müsst?

Thomas: Ja. Ich muss auch meine ganzen Excel-Tabellen ausdrucken. Aber es haben sich schon Dinge verbessert. Mein Vorgänger hat beispielsweise so gearbeitet: er hat eine Anfrage für eine Personalkostenauswertung gekriegt, die Mail ausgedruckt, die Auswertung gemacht, das Ergebnis als Excel-Blatt ausgedruckt, seine Antwortmail ausgedruckt und die Blätter in eine Handakte in den Schrank abgeheftet. Da habe ich schon nach einem halben Jahr gesagt: Das mache ich nicht mehr. Alle Auswertungen, die ich erstellt habe, finden sich ja in unserem Laufwerk. Da kann jeder drauf zugreifen, der die Erlaubnis dazu hat. Wenn meine Kollegin eine Anfrage bekommt, kann sie in dem Ordner gucken, ob es so eine Auswertung schon gibt und dann die Auswertung für einen anderen Zeitraum erstellen.

“Es geht alles wesentlich schneller — auch die weitere Verarbeitung.”

Nina: Was hat sich durch die Reduktion an Papier konkret verändert?

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Thomas: Manch ein Weg ist schneller geworden. Ich habe einen guten Vergleich aus der Sachbearbeiterebene beim Bürgerbüro: Wenn jemand einen neuen Personalausweis haben wollte, haben wir die Anträge ausgedruckt — mittlerweile gibt es dort Tablets, auf denen ich direkt unterschreibe, und Fotos werden nur noch eingescannt. Das ist natürlich in gewisser Form auch schlecht, weil ich für teuer Geld Fotos machen muss, die nur eingescannt werden. Und dann habe ich diese vier hässlichen Bilder zu Hause liegen, mit denen ich nichts weiter anfangen kann. Aber dafür geht das alles wesentlich schneller — auch die weitere Verarbeitung. Bei mir waren das letztens ungefähr zwei Wochen, bis ich meinen neuen Personalausweis hatte. Das hat früher etwa sechs Wochen gedauert.

“Man legt eine Akte oder ein Dokument über die letzten Jahre an und hängt das laufende Geschäft einfach immer hinten dran.”

Nina: Wie lief denn der Übergang zur digitalen Verarbeitung ab? Fängt man erstmal mit den Sachen an, an denen man gerade arbeitet?

Thomas: Es wird schon geguckt, dass man mit den laufenden Geschäften digitalisiert. Ein großes Thema bei uns ist auch immer noch, die Personalakte zu digitalisieren. Es wird überlegt, ob man aus der bisherigen Personalakte ein PDF macht. Ich denke, so müssen auch andere Projekte angegangen werden: dass ich mir nicht die Mühe mache, die einzelnen Jahre auseinander zu pflücken. Stattdessen legt man eine Akte oder ein Dokument über die letzten Jahre an und hängt das laufende Geschäft einfach immer hinten dran. Ansonsten ist die Umstellung eher schleppend gegangen bzw. geht immer noch schleppend, weil ich jeden Kollegen erst wieder daran erinnern muss, dass ich kein Papier mehr haben will und mir eine Mail reicht.

Nina: Ergeben sich auch Probleme daraus, dass ihr nicht mehr mit Papier arbeitet?

Thomas: Manchmal habe ich das Problem, E-Mails, die noch ein zweites Thema aufgreifen, passend abzulegen. Also die Organisation ist anders. Aber vielleicht ist das auch mein persönliches Thema und anderen geht es nicht so.

“Wenn die Papierakte nicht mehr angeguckt wird, wird sie für 15 Jahre in den Keller gestellt, wo sie auch nur Platz wegnimmt.”

Nina: Das klingt aber nach einem Problem, das man gut akzeptieren kann.

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Thomas: Ja, grundsätzlich schon. Ansonsten habe ich bisher noch nicht die Erfahrung gemacht, da an irgendwelche Grenzen zu stoßen. Außer vielleicht: wenn Papier rumliegt, wird man eher nochmal dran erinnert. Eine E-Mail, die in den Massen an E-Mails versumpft, geht schneller unter, als wenn mir Papier über den Weg läuft.

Nina: Kannst du Leute verstehen, die sagen, dass sie lieber weiter Papier benutzen wollen?

Thomas: Sicherlich, ich muss ehrlich sagen: mir fällt es leichter und ich finde es angenehmer, auf Papier zu lesen als auf dem Tablet oder am Computer. Da sehne ich mich schon manchmal nach Papier. Wobei ich dann aber denke: du druckst jetzt nicht zehn Seiten aus, nur, weil du sie eben lesen willst — und die du danach nicht mehr brauchst.

Nina: Glaubst du, wir kommen langfristig drum herum, auf digitale Akten und Formulare umzusteigen, oder wird das sowieso kommen?

Thomas: Das wird auf jeden Fall kommen, schon unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Da ist die digitale Bearbeitung natürlich wesentlich besser, als wenn wir Papierakten in den Schrank stellen. Und wenn sie da nicht mehr angeguckt werden, stellt man sie noch für weitere 15 Jahre oder länger in den Keller, wo sie auch wieder nur Platz wegnehmen. Zumal auch das Suchen digital wesentlich leichter ist, als wenn ich Aktenordner durchwälzen muss, um irgendeine Verfügung von Anno “Schnuff” zu finden.

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