Die Laborprojekte - Teil 2: Die Besonderheiten
Stadt-Gespräche - Folge 51
In den Stadt-Gesprächen reden wir, vom städtischen Start-up ShiftDigital, mit Mitarbeiter:innen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge erzählt Cornelia Tusk von der Bochumer Geschäftsprozessoptimierung, kurz GPO, was die Arbeit in Laborprojekten so besonders und erfolgreich macht.
Nina da Costa: Du hast kreative Arbeitsmethoden erwähnt, die in den Laborprojekten eingesetzt werden. Was bedeutet das - vor allem im Kontrast dazu, wie Projekte normalerweise laufen?
Cornelia Tusk: Normalerweise ist es so: du bekommst einen Auftrag, den du in einem Projektauftrag formulierst, der dann durch die Gremien geht und abgestimmt wird - du hast den Personalrat, die Gleichstellungsstelle und in Teilen die Schwerbehindertenvertretung in der Mitbestimmung. Die Gremien hast du bei den Laborprojekten natürlich auch in der Beteiligung, aber die Wege werden verkürzt. Kreativ ist dabei dieses Fachbereichsübergreifende und das offene Ergebnis. Wenn man normalerweise einen Projektauftrag bekommt, fragt in der Regel schon gar keiner mehr, ob das sinnvoll ist, sondern man macht das dann einfach (lacht). Die Fragestellung vorneweg, ob das überhaupt sinnvoll ist oder was man eigentlich tun sollte, kam da ein bisschen zu kurz.
Nina: Habt ihr im Laborprojekt selbst auch kreative Methoden wie Design Thinking eingesetzt?
Conny: Klar, wobei die nie so bezeichnet worden sind - man hat einfach gemeinsam entwickelt. Da sitzen dann fünf, sechs Leute, die sich alle in gleicher Weise dem Thema verbunden fühlen und gucken, ob es eine Lösung gibt. Normalerweise hattest du beim Projektleiter und den Leuten, die beteiligt werden mussten, oft den Eindruck, dass sie sich dem Thema nicht richtig verpflichtet fühlen. Wenn du aber im Vorfeld Leute an einen Tisch holst, die davon überzeugt sind und das für eine gute Sache halten... Wenn wir gesagt hätten, "Wir programmieren eine Software für euch, die Folgendes kann und eure Probleme löst”, hätten wahrscheinlich alle gesagt: "Ich will das eigentlich gar nicht." Bei den Laborprojekten sind die Leute von Anfang an dabei. Egal, mit welchen von ihnen ich spreche, alle freuen sich total darauf, endlich mit der Software arbeiten zu können.
Nina: Das Prinzip von Mitgestaltung funktioniert.
Conny: Genau, dadurch haben wir eine ganz andere Stimmung erzeugt. Die Frage ist, ob das anhält - da müssen wir die Daumen drücken und gemeinsam daran arbeiten. Aber da ist so ein veränderter Charakter, eine veränderte Stimmung... Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll.
Nina: Das ist eben das Kulturthema, oder? Es wird nicht über Köpfe hinweg entschieden, sondern Leute werden mit einbezogen und einfach mal gefragt, was sie brauchen.
Conny: Ja, da bist du bei den Themen von Michaela Claas: Kultur in der Verwaltung.
Nina: Sind euch in den Projekten selbst Probleme oder Schwierigkeiten begegnet?
Conny: Wir hatten ein Thema, bei dem der Auftaktworkshop nicht gut gelaufen ist, was meiner Meinung nach einfach daran lag, dass wir die falschen Beteiligten hatten. Es kam nämlich sowas wie: “Es funktioniert doch alles so, wie es jetzt ist.” Da haben wir jetzt eine bessere Vorbereitung gemacht, konnten aber leider keine Präsenzveranstaltung mehr durchführen, weil uns Corona dazwischengrätschte. Wir konnten das aber in der zweiten Veranstaltung relativ gut einfangen und haben jetzt einen Fahrplan für die Abarbeitung. Aber man kann ganz deutlich sagen, dass die erste Veranstaltung komplett in die Hose gegangen ist (lacht). Das muss man auch aushalten können.
Nina: Es wird wahrscheinlich auch nicht das letzte Mal gewesen sein.
Conny: Absolut.
Nina: Was hat dich im Rahmen der Laborprojekte am meisten überrascht?
Conny: Überrascht und beeindruckt hat mich das Fachwissen der Kolleginnen und Kollegen, wo ich immer dachte: was die alles wissen! Aber auch, wie schnell die Leute Barrieren abgebaut haben. Dieses "kommt aus euren Silos raus" ist in diesem Format total gut gelungen. Man duzte sich schnell und hat Späßchen gemacht. Das war eine glückliche Konstellation der Leute - das ist natürlich sehr wichtig. Aber das hat mich eigentlich am meisten beeindruckt: dass der Wille zur Veränderung so stark spürbar war. Und mich freut auch immer wieder, wenn wir Anfragen kriegen. Das ist natürlich ein Ritterschlag. Normalerweise ist es ja so, dass die sich Leute wie uns eigentlich eher vom Hals halten wollen. Da ist es schon toll, wenn einer anruft und sagt: "Ich habe ein Thema, und gehört, ihr habt passende Formate - können wir da nicht mal was machen?" Im Moment sind wir leider recht zu mit Aufgaben, aber das ist einfach toll.
Nina: Das heißt, ihr müsst eigentlich nur mit allen 6.000 Beschäftigten Laborprojekte machen, und dann hat sich das mit dem Wandel (lacht).
Conny (lacht): Genau. Damit sind wir 2045 durch und haben "gewandelt".
Nina: Deine persönliche Einschätzung: wann ist ein Laborprojekt erfolgreich?
Conny: Wenn wir ein Ergebnis haben.
Nina: Egal, was das Ergebnis ist?
Conny: Genau. Wenn wir weiterhin den Mut haben, am Ende vielleicht auch zu erkennen: Das war eine gute Idee, die aber nicht funktioniert. Das finde ich ganz wichtig, und dann ist es richtig erfolgreich. Und natürlich, wenn es bei den Mitarbeiter:innen ankommt.
Nina: Das klingt ja gar nicht mal nach so hohen Anforderungen.
Conny (lacht): Natürlich geht es am Ende noch darum, die Sachen auch umzusetzen. Wenn wir hinterher sicher sind, dass es geht, müssen wir auch die Kraft, Geduld und Ausdauer aufbringen, es umzusetzen. Aber ich finde, der erste Schritt ist getan, wenn wir sagen: wir haben ein Ergebnis, und auch den Mut zu scheitern.
Nina: Was haben denn die Beschäftigten bisher so berichtet: wie fanden sie das Format, was ist ihnen schwergefallen, was hat sie begeistert?
Conny: Die waren eigentlich alle vom Format begeistert und davon, wie schnell sie sich einig geworden sind. Und sie haben gesagt, dass sie sich bei der kompetenten Betreuung gut aufgehoben gefühlt haben. Beim Shift Studio haben mir eigentlich alle Teilnehmer:innen dieses Laborprojektes gesagt: "Ich bin da reingegangen und war mir sicher, dass das sowieso nicht funktioniert." Das war der O-Ton. Und danach: "Jetzt haben wir drei Tage zusammen gearbeitet und ich bin mir sicher, dass wir das hinkriegen, und freue mich darauf." Ich fand diese Ehrlichkeit toll.
Nina: Und wie haben sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit wahrgenommen?
Conny: Das ist bei allen total gut angekommen. Wirklich rauszukommen aus diesem Abteilungs- und Sachgebietsdenken. Das ist eine Arbeitsweise, die die Teilnehmenden als absolut befruchtend wahrgenommen haben. Sie fanden es interessant, mal zu hören, was andere für Probleme haben, andere Leute kennenzulernen und gezwungen zu sein, mal in anderen Bahnen zu denken.
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