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Wofür es sich zu kämpfen lohnt

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Stadt-Gespräche - Folge 14

In den Stadt-Gesprächen vom Bochumer Start-up ShiftDigital sprechen wir mit Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung über Themen rund um Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge erklärt Christian Hannusch, warum er immer für die Vorbildfunktion der Stadtverwaltung eintreten wird.

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Nina da Costa: Es gibt diesen Spruch aus dem Englischen - wenn man merkt, dass man sich in Diskussionen verstrickt, fragt man sich: “ist das wirklich der Hügel, auf dem ich kämpfen und sterben möchte?” Kennst du das?

Christian Hannusch (lacht): Nein, aber ich finde es gut.

Nina: Was ist in Sachen Verwaltung denn dein Hügel? Gibt es etwas, bei dem du immer dafür kämpfen wirst, dass es so bleibt — oder dass es sich ändert?

Christian: Es lohnt sich immer, für die Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung in Sachen Beschäftigungs- und Tarifpolitik zu kämpfen, aber auch, was Beamtenversorgung angeht. Der öffentliche Dienst ist Repräsentant des Staates — er ist der Staat. Und wenn der Staat Regelungen erlässt, was zum Beispiel Frauenförderung angeht, was die Förderung von Behinderten angeht, aber auch, was gerechte Urlaubsansprüche und Entlohnung angeht, dann ist das etwas, wofür der öffentliche Dienst immer kämpfen sollte und auch jeder Einzelne zu kämpfen hat. Weil das ganz viel wert ist.

“Es lohnt sich, dafür einzutreten, dass sich gerade der öffentliche Dienst sehr strikt an die Gesetze hält, die vom Staat erlassen werden.”

Nina: Aber gerade diese Beschäftigungspolitik ist ja eines der Dinge, die an der Verwaltung häufig kritisiert werden.

Christian: Auf jeden Fall. “Den Beamten kann nicht gekündigt werden, die machen sich da ein laxes Leben” — aber das stimmt in den meisten Fällen eben nicht. Und ich glaube, es lohnt sich, dafür einzutreten, dass sich gerade der öffentliche Dienst sehr strikt an die Gesetze hält, die vom Staat erlassen werden. Und dass wir auch den Gegensatz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht als Gegensatz an sich aufgreifen, als ständiges Kampfgebiet, sondern als Tarifparteien, als vertrauensvolle Zusammenarbeit. Damit wir uns gegenseitig ernst nehmen.

Nina: Gibt es auch etwas, bei dem du dafür kämpfst, dass es sich ändert?

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Christian: Modernisierung anzustoßen. Das mag sich heute auf Digitalisierung beziehen, aber auch früher wird es diese Kämpfe gegeben haben. Die Verwaltung ist leider sehr langsam darin, sich zu verändern und tut sich damit sehr schwer. Weil sie sagt “das haben wir immer schon so gemacht”, aber auch, weil sie sich in sehr komplexen Strukturen bewegt. Da gibt es allerdings auch einen Widerspruch zwischen beiden Kampfpositionen: wir haben diese guten Arbeitnehmerverhältnisse, dürfen gleichzeitig aber nicht den Veränderungswillen entwerten. “Wenn wir uns jetzt zu sehr modernisieren, geht unser Tarifgefüge und die Gewerkschaftsarbeit vor die Hunde, weil die Arbeit entgrenzt wird.” Das darf man auch nicht gegeneinander ausspielen.

“Würde sich eine Stadtverwaltung nur nach dem Zeitgeist richten, wäre sie dann noch ein geeigneter Repräsentant des Staates?”

Nina: Glaubst du, es ist überhaupt möglich, in der Verwaltung schnell Veränderungen durchzuringen? Zum Beispiel ähnlich schnell wie in einem großen Unternehmen?

Christian: Ich würde eher fragen: Wie notwendig ist welche Veränderung? Der Vergleich hinkt, weil wir ganz anderen Zwängen unterworfen sind. Das Unternehmen orientiert sich an seinen Gewinnmaßstäben. Es möchte solvent bleiben, sein Produkt anbieten und vor allem Geld verdienen. Ein Unternehmen kann und muss sich immer nach dem Zeitgeist richten. Wenn es ein Produkt anbietet und sich das Konsumverhalten ändert, wird sich es sich anpassen müssen. Wir als Stadtverwaltung haben ja kein Gewinnstreben. Wir unterliegen natürlich auch einem gewissen Zeitgeist, was Modernisierung und akut Digitalisierung angeht. Würde sich aber eine Stadtverwaltung nur nach dem Zeitgeist richten, wäre sie dann noch ein geeigneter Repräsentant des Staates? Ein Staat ist ja viel mehr als nur Zeitgeist. Gucken wir mal ins Grundgesetz: das hat eine Ewigkeitsgarantie, gilt für immer. Und auch so eine Stadtverwaltung begreift sich als Ewigkeitsaufgabe.

Nina: Wie verstehst du Zeitgeist denn im Kontext der Stadtverwaltung?

Christian: Der Zeitgeist ist abhängig von gesellschaftlichen und Kulturfragen, die sich über die Zeit ändern. Die schlagen sich aber nicht auch zwangsläufig in einer Veränderung der Gesetze nieder. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind aber der Maßstab für die Stadtverwaltung, für ihr Handeln und ihre Struktur. Unternehmen sind viel flexibler, weil sie sich mit ganz anderen Dingen befassen und sich in viel kleineren normierten Bereichen bewegen. Ein Unternehmen ist ja nicht so breit aufgestellt wie die Stadt Bochum: es macht nicht Sozialverwaltung und nebenbei auch noch Finanz- und Flächenmanagement, sondern bewegt sich nur in seinem kleinen Bereich. Deshalb kann es schneller sein als eine Stadtverwaltung.

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