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“Ein Umdenken wäre schön”

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Stadt-Gespräche — Folge 6

In den Stadt-Gesprächen reden wir, vom Bochumer Start-Up ShiftDigital, mit Mitarbeiter*innen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und New Work. In dieser Folge erzählt Thomas Becker, wie er durch die Einführung neuer Prozesses viele Bereiche der Bochumer Verwaltung kennenlernen konnte.

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Nina da Costa: Stell dich doch erstmal kurz vor.

Thomas Becker: Mein Name ist Thomas Becker, ich bin für das gesamt-städtische Personalkosten-Management zuständig, also für Planung, Controlling und Rückstellungs-Management. Das heißt: ganz viele Zahlen und Daten, die in Excel verarbeitet werden müssen. Außerdem mache ich Auswertungen aus dem Personalprogramm und übernehme für das Programm die Koordination.

“Die Stadt war für mich eine Alternative, weil es dort diese ganzen verschiedenen Möglichkeiten gibt.”

Nina: Wie bist du denn bei der Verwaltung gelandet?

Thomas: Durch die Auswahl eines sicheren Berufes mit Perspektive, der abwechslungsreich ist. Und eine Affinität für Zahlen und Mathematik hatte ich schon immer. Deswegen hatte ich auch anfangs überlegt, in Richtung Steuerberatung oder Bankwesen zu gehen. Die Stadt war eine Alternative dazu, weil es dort diese ganzen verschiedenen Möglichkeiten gibt.

Nina: War deine Zeit bei der Stadt so vielfältig, wie du es dir vorgestellt hast?

Thomas: Schon. Ich habe zwar nur in zwei Bereichen gearbeitet, bin direkt in der Kämmerei gelandet. Da habe ich angefangen, die Kommune auf die doppelte Buchführung umzustellen, wodurch ich ganz viele Einblicke in die einzelnen Ämter gekriegt habe: Personal, Kulturinstitute oder auch Tiefbau. Da ist man sehr weit herumgekommen und hat viel von der Verwaltung gesehen. Ich habe in der Zeit auch schon die Zuständigkeit für das Personalamt bekommen und mich bei der Umstellung verwaltungsweit um das Personal gekümmert. Und ich bin immer noch quer durch die Verwaltung involviert.

“Ein Umdenken wäre schön und dass der Wandel, der forciert wird, auch tatsächlich stattfindet.”

Nina: Hat diese Einführung der doppelten Buchführung denn gut geklappt, oder musstest du da erstmal kämpfen?

Thomas: Wie bei allen neuen Sachen muss man natürlich sehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Und man musste auch kämpfen, weil es von der grundsätzlichen Ausrichtung schon etwas anderes war. Früher hat man nur geguckt: welches Geld kommt rein, welches Geld geht raus? Mit der “Doppik” schaut man hingegen: was möchte ich gerne als Leistung erbringen, und welche Ressourcen brauche ich dafür? Das ist schon ein anderer Blickpunkt.

Nina: Wenn du irgendwann mal aufhörst, bei der Stadt zu arbeiten, was willst du bis dahin gerne miterlebt oder erreicht haben?

Thomas: In vielen Bereichen wird ja immer gesagt: Wir möchten ein noch besseres Dienstleistungsunternehmen werden. Dazu fehlt es aber an vielen Stellen, die alten Zöpfe abzuschneiden. Ein Umdenken wäre schön und dass dieser Wandel, der jetzt forciert wird, auch tatsächlich stattfindet.

Nina: Was war das überraschendste oder schönste Erlebnis, das du in deiner Zeit bei der Stadt hattest?

Thomas: Wenn man in so einem Projekt ist wie ich aktuell, merkt man, dass man neue Wege beschreitet, mit allen Unwägbarkeiten, die es da gibt. Wir sind im Zuge der Digitalisierung natürlich schon ein bisschen im Hintertreffen: Wenn man zwanzig Jahre nichts in die IT reingesteckt hat, ist es schwierig, das innerhalb eines halben Jahres oder Jahres wieder aufzuholen. Aber ich würde es schon als bahnbrechende Entwicklung bezeichnen, dass Wege gegangen werden, die einem privatwirtschaftlichen Unternehmen gleichen.

“Die Kommune muss moderner werden, was das Arbeiten angeht — da ist die Wirtschaft uns weit voraus.”

Nina: Was macht für dich die Stadt heute zu einer attraktiven Arbeitgeberin, ist es immer noch Sicherheit? Und an welchen Stellen muss sie noch arbeiten?

Thomas: Auf jeden Fall ist es immer noch Sicherheit. In der Privatwirtschaft ist es relativ leicht, den Job zu verlieren. Aber die Kommune muss moderner werden, was das Arbeiten angeht. Da ist die Wirtschaft uns weit voraus. Jetzt könnte man über das Geld reden und darüber, dass man in der Privatwirtschaft auch mehr verdienen würde. Aber das geht zu Lasten der Sicherheit, deswegen würde ich eher auf das Geld verzichten. Und was ich an der Stadt immer noch attraktiv finde: du kannst mit der Ausbildung in verschiedene Bereiche gehen. Wenn ich mal keine Lust mehr auf Zahlen habe, kann ich in den Kulturbereich gehen oder den Sportbereich. Bei der Stadt kann man abwechslungsreich arbeiten.

“Es wäre schon ein großer Fortschritt, nicht mehr an Kabel gebunden zu sein.”

Nina: Was sind die drei größten Herausforderungen, die du in der Verwaltung siehst?

Thomas: Auf jeden Fall das Wissensmanagement. Das habe ich schon erlebt, als es mal hieß, dass ich gegebenenfalls wechseln würde: da gab es große Panik, welches Wissen mit “weggeht”. Das ist bei älteren Kollegen genauso: man muss das Wissen aufbewahren. Dagegen sprechen die Personalkosten — gerade jetzt, wo wir in Bochum endlich wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben. Das soll natürlich so bleiben. Und zweitens der Strukturwandel in Sachen moderner Arbeit. Auch einfach, die Technik auf den neuesten Stand zu bringen. Aber es zeichnet sich ab, dass sich da etwas tut. Es wird etwa überlegt, in den Gebäuden WLAN anzubieten. Es wäre schon ein großer Fortschritt, nicht mehr an Kabel gebunden zu sein.

Nina: Gibt es noch eine dritte Herausforderung, die dir sofort einfällt?

Thomas: Ich glaube, ein drittes ist die Raumproblematik. Da spielt natürlich auch das moderne Arbeiten nochmal in die Karten. Wir haben immer mehr Raumbedarfe und kriegen die ganzen Mitarbeiter gar nicht mehr unter. Deswegen muss man auch das Raumkonzept neu überdenken und entwickeln.

“Man sollte zusehen, dass die Bereiche, in denen Home Office möglich ist, das auch umsetzen können.”

Nina: Hast du denn eine Idee, wie man das Problem des Wissensmanagements angehen könnte?

Thomas: Eine Möglichkeit ist das doppelte Arbeiten. Es ist aber zu teuer, die Neuen immer da zu haben, damit sie das ganze Wissen der “Alten” anzapfen. Das ist in dem kurzen Zeitraum auch schwierig. Mir kommen zum Beispiel viele Dinge erst in Erinnerung, wenn ich sie machen muss. Und was die Raumproblematik angeht, ist Desk Sharing eine Möglichkeit. Wenn das viele Leute tun, muss man gar nicht mehr so viele Tische vorhalten.

Nina: Aber dazu muss man die Leute an das Thema heranführen und die Teams mit einbeziehen.

Thomas: Ja, und es ist auch von der Tätigkeit abhängig. Wir arbeiten zum Beispiel nicht im Bürgerkontakt und haben deshalb viel eher die Möglichkeit, im Home Office zu arbeiten. Man sollte zusehen, dass die Bereiche, in denen Home Office möglich ist, das auch umsetzen können.

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