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Stadt-Gespräche — Folge 7

In den Stadt-Gesprächen reden wir, vom städtischen Start-Up ShiftDigital, mit Menschen aus der Verwaltung über Digitalisierung, E-Government und neues Arbeiten. In dieser Folge sprechen wir mit Thomas Schäfer darüber, warum man mehr experimentieren sollte und wieso offene Kommunikation so wichtig ist.

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Nina da Costa: Wie hängen für dich neues Arbeiten und Fehlerkultur zusammen?

Thomas Schäfer: Das gehört zusammen, weil man sich oft verrennt, wenn man nicht akzeptiert, dass Dinge scheitern können. Sonst hält man zu lange an ihnen fest, und am Ende gehen sie trotzdem schief — nur, dass man dann noch mehr Zeit verschwendet hat. Man sagt bei Agilität ja auch gern “Fail fast”, also: Lauf los, und wenn’s irgendwo nicht weitergeht, hör auch damit auf. Analysiere, woran es gelegen hat und schau nochmal, wenn sich die Rahmenbedingungen verändert haben. Aber renne nicht ein Jahr lang gegen Wände, die man sowieso nicht verändern kann. Dafür haben wir zu wenig Zeit, weil wir nicht so viele Leute sind. Wir leben diese Fehlerkultur schon, es ist aber oft schwer. Es ist für die Verwaltung — je nachdem, welchen Bereich man sich ansieht — trotzdem schon revolutionär.

“In Projekten halte ich es für viel sinnvoller, auch mal etwas auszuprobieren.”

Nina: Ist das deiner Ansicht nach in jedem Bereich der Verwaltung möglich?

Thomas: Wenn du das fragst: natürlich nicht. Wenn es um Menschen geht, die Leistungen brauchen — Arbeitslosengeld, Beratungsangebote — sollte man sicherlich keine Fehler machen. Aber gerade bei Projekten geht das schon. Es kommt natürlich auch immer drauf an, wie viel Geld man bewegt. Am Ende gehen wir mit Steuergeldern um, und wenn ich für 50 Millionen mal ein Jahr lang etwas ausprobiere und das alles schiefgeht, könnte man das natürlich nicht verantworten. Oder die Feuerwehr kann nicht sagen: “Gucken wir mal, ob wir das Feuer löschen, und wenn nicht, ist es auch egal.” Das stimmt natürlich. Ich halte es aber gerade in Projekten für viel sinnvoller, auch mal etwas auszuprobieren.

Nina: Selbst Leute, die zum Beispiel mit Bürger*innen zusammenarbeiten, haben ja nicht zu hundert Prozent nur diese Aufgabe. Da gibt es auch Prozesse im Hintergrund, bei denen man ausprobieren kann.

Thomas: Das stimmt. Und da ist es auch okay, wenn man Fehler macht. Ich finde Fehler machen sowieso gar nicht so schlimm.

Nina: Das kommt aber bestimmt auch von deinem E-Government-Hintergrund, oder?

Thomas: Genau. Als Informatiker kenne ich es so, dass man seinen Code offenlegt und andere sagen: Pass auf, da hast du totalen Quatsch gemacht, mach das mal anders. Damit sagt man ja auch nicht “Du bist ein schlechter Entwickler”, sondern “du hast den Rest gut gemacht, und an der Stelle helfen wir dir, es besser zu machen”. Das fände ich im Projekt auch ganz cool, wenn wir uns verrennen, weil man irgendwann Scheuklappen auf hat, wenn man sich jeden Tag mit einem Thema beschäftigt. Da denkt man schnell, dass man alles besser weiß. Es tut dann natürlich erstmal weh, wenn andere bessere Ideen haben, aber am Ende hilft es ja.

“Ich glaube, dass es sehr viel Potenzial birgt, seine Gedankengänge anderen zugänglich zu machen.”

Nina: Wie muss sich die Kommunikation verändern, um zu Fehlerkultur und agiler Arbeit zu passen?

Thomas: Ich glaube, dass transparente Kommunikation sowieso ganz grundlegend gebraucht wird. Wenn eine Hand nicht weiß, was die andere tut, kann auch niemand seinen Senf dazu geben. Manchmal ist es sicherlich nervig, alles offen zu kommunizieren, weil jeder noch eine schlaue Idee dazu hat. Aber ich glaube, dass es sehr viel Potenzial birgt, seine Gedankengänge zu öffnen und anderen zugänglich zu machen. Erstens spart es Konflikte, weil man oft eine Entscheidung trifft und die anderen sagen: “warum habt ihr das so gemacht?” Zeigt man auf, warum man so entschieden hat, sehen sie, dass sie die Entscheidung vielleicht auch so getroffen hätten.

Nina: Und zweitens?

Thomas: Zweitens weiß man oft gar nicht, wer etwas gut kann, oder vielleicht irgendwo etwas Tolles gehört hat. Man kann die Potenziale von anderen viel besser abschöpfen, wenn man Vorgänge möglichst offen darlegt. Es stellt sich natürlich immer die Frage, ob auch alle die Zeit haben, agil mitzuarbeiten und überall ihren Input zu liefern.

Nina: Andererseits kriegt man bei offener Kommunikation nicht nur die Potenziale der anderen mit, sondern auch mehr Sichtbarkeit für das, was man selbst beiträgt.

Thomas: Ja, und es vereinfacht ganz schnell Prozesse. Hier stoßen wir mit unserem Projekt auch in viele Themenbereiche vor. Erst die Hardware-Beschaffung, jetzt testen wir mit einem Team Desk Sharing. Und auf einmal sind wir bei einem Raumthema: Wie plant die Stadt Räume in neuen Gebäuden? Und da hören wir natürlich auch von anderen Kommunen, wie die das machen. Und so können wir sagen: “rede mal mit den Leuten aus Düsseldorf”, oder so. Aber wenn das alles noch ein bisschen offener wäre, man sich jederzeit in Diskussion ein- und ausklinken könnte, könnte man natürlich auch Wissen weitergeben. Und das würde alles viel leichter machen, als wenn jeder in seinem Silo hockt und sich nur um seinen Bereich kümmert. Dadurch verliert man ganz viel Wissen, das in anderen Bereichen bereits vorhanden ist.

“Wir können es uns nicht mehr leisten, die jungen Leute 20 Jahre lang zu schulen.”

Nina: Das heißt, bei offener Kommunikation geht es auch um Wissenstransfer?

Thomas: Genau: eigentlich müssen wir Wissen teilen, weil wir immer weniger werden und nicht mehr die Leute kriegen, die wir brauchen. Wir haben da echte Probleme. Gerade, wenn die Kollegen, die 40 Jahre lang da waren, in Rente gehen und ihr ganzes angehäuftes Fachwissen mitnehmen: Das ist eine Katastrophe! Die jungen Leute — woher sollen sie das wissen? Und wir können es uns nicht leisten, die auch nochmal 20 Jahre zu schulen. Damit das Wissen dann doch wieder weg ist. Aber das ist am Ende auch Kultur. Ich war letztens in Berlin, da ging’s darum, dass man die Silos aufbricht, indem man die Leute intern rotieren lässt.

Nina: Wie läuft das ab?

Thomas: Da macht man eine Art Glücksrad, und einmal im Jahr gibt’s eine Veranstaltung, bei der jeder, der möchte, drehen darf. Dann kommst du in einen zufälligen Bereich und bist eine oder zwei Wochen dort — je nachdem, wie viel Zeit man hat. Und da hilfst du mit und lernst, welche Probleme es gibt, welches Wissen sie haben. Danach gehst du wieder in deinen Bereich zurück und stellst deine Erlebnisse vor. So verknüpft man alles viel besser, als das über Hierarchieebenen möglich ist, wenn alles immer nur über die Chefs läuft. Das ist nicht besonders agil und funktioniert auch bald nicht mehr.

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